Vermietung als Machtinstrument

Vermietung als Machtinstrument:

Ein neuerer Versuch von Herrn OB Neher war besonders perfide.
Es sollte gar nicht zum Bürgerentscheid kommen:

Dafür setzte OB Neher den Betreiber ohne Not unter Druck - wahrscheinlich, um ihn zu vergraulen.
Ohne Betreiber wird es schwieriger, den Schlachthof zu erhalten.
Verdreifachung der Pacht mit nur einem Jahr Vertragslaufzeit - damit kann niemand sinnvoll einen Betrieb führen,
geschweige denn investieren.

Der alte Vertrag hatte sicher aus guten Gründen die heute von OB Neher beklagten Konditionen,
sonst hätte die Stadt den Vertrag mit Herrn Helle so nicht abgeschlossen.

Der Schlachthofbetreiber und die Stadt – ein Gedankenexperiment

Stellen Sie sich bitte eine kurze Zeit vor, Sie wären der Betreiber des Schlachthofs in Rottenburg.

Ihre Betriebsstätte und damit ihr Arbeitsplatz ist ein schönes, mittlerweile 117 Jahre altes Gebäude, an dem seit Jahrzehnten trotz Denkmalschutzverpflichtung von Seiten der Stadt Rottenburg als Besitzers keine wesentlichen Erhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen vorgenommen wurden. Einmal wurde eine Dachrinne repariert, damit hatte es sich praktisch schon. Die alten Fenster und das Dach sind energetisch gesehen ein Graus und gerade heute dringend sanierungsbedürftig.

Nun gut, deswegen haben Sie auch nur eine minimale Pacht zu zahlen, da Sie das Gebäude immerhin nutzen und damit dem weiteren Verfall vorbeugen. Außerdem haben Sie angenehm viel Platz. Da lassen sich andere Nachteile verschmerzen.

Die Hoffnung schwindet..

2015 haben Sie – nachdem die Pläne für die Landesgartenschau gescheitert waren - noch einmal viel Geld investiert um den Schlachthof zukunftssicher zu machen. Mit einem Aufwand von ca. 70.000 € wurden die imissionsrechtlichen Prüfungen vorgenommen. Sie erhielten für ihren Betrieb nach neuesten Gesichtspunkten eine zeitlich unbeschränkte bestandskräftige Betriebserlaubnis.

Die Hoffnung ruhig in die Zukunft planen zu können war im Herbst 2019 dahin, als die Stadtverwaltung überraschend mitteilte, dass im Gemeinderat schon längst beschlossen sei, den Pachtvertrag zu kündigen und den Schlachthof zu schließen.

Der Gemeinderat wehrte sich gegen diese mehr als kühne Interpretation der Beschlusslage durch die Stadtverwaltung und sichert zunächst den Fortbestand Ihrer Arbeitsstätte für eine unbestimmte Zeit. Zusätzlich nehmen Sie anwaltliche Hilfe in Anspruch.

Damit beginnen 2,5 Jahre Nervenkrieg der emotional kaum durchzuhalten gewesen wäre, wenn sich nicht rasch eine Initiative zum Erhalt des Schlachthofs gebildet hätte und sich in der Bevölkerung eine breite Unterstützung für den Schlachthof zeigte.

Anliegen der Bevölkerung offensichtlich gleichgültig

Die Menschen in Rottenburg wissen genau, dass „ihr Schlachthof“ nicht nur eine Stätte der notwendigen Tötung und Weiterverarbeitung von Nutztieren zu einem wichtigen Lebensmittel ist, sondern viele Aufgaben unterstützt, die für unsere Lebensqualität und unser aller Zukunft wichtig sind: Landschafts- und Artenschutz, Artenvielfalt, Tierwohl, Zukunftssicherung im Klimawandel, Verringerung des Ressourcen- und Bodenverbrauchs und Erhalt der lokalen Wertschöpfung.

Den Stadtoberen waren diese Anliegen der Bevölkerung offensichtlich gleichgültig. Gebetsmühlenartig wiederholte OB Neher die völlig unbelegte (wie er jetzt selber zugibt) Behauptung, dass mit der Sanierung des Gebäudes die Betriebsgenehmigung erlöschen würde.

Daneben wurde eine wirtschaftlich völlig unseriöse Debatte um einen Schlachthofneubau begonnen, dessen Ausgestaltung in der freien Wirtschaft wahrscheinlich zu strafrechtlichen Konsequenzen für die Initiatoren geführt hätte.

Die Beschlussfassung des von ihr selbst eingeführten Bürgerinnenrates ignorierte die Stadt. Es gelang OB Neher schließlich den Gemeinderat dazu zu bringen seinem Vorschlag zu folgen und zu versuchen sich mit 300.000 € für den Schlachthof Gärtringen von allen weiteren Verpflichtungen freizukaufen. Immerhin baute der Gemeinderat an dieser Stelle eine kluge Sicherung mit ein: Der Rottenburger Schlachthof werde erst geschlossen, wenn der Schlachthof Gärtringen in Betrieb ginge.

Diese Wiederinbetriebnahme steht allerdings in den Sternen und wird von Woche zu Woche unwahrscheinlicher. Und damit hatten Sie natürlich als Betreiber des Schlachthofs den naheliegenden Gedanken, dass es spätestens nach dem endgültigen Aus für Gärtringen endlich zu einem konstruktivem Miteinander mit der Stadt Rottenburg kommen müsse.

Ein Bürgerbegehren mit mehr als 5000 Unterschriften für den Erhalt des Schlachthofs würde wahrscheinlich zu einem positiven Bürgerentscheid in Ihrem Sinne führen.

Unverdrossen bereitete OB Neher unterdessen weiterhin Ablehnungsgründe für den Bürgerentscheid vor, wobei er sich diesmal auf einen nicht-existenten Gemeinderatsbeschluss stützte und Ihnen indirekt unzureichendes Engagement für das Tierwohl und moderne Produktionsweisen vorwarf.

Das ist für Sie umso frustrierender weil Sie trotz aller Unsicherheiten voll Optimismus aktuell wieder viel Geld in die Produktion, modernste Betäubungsgeräte mit Dokumentation für jedes Schwein und eine deutlich verbesserte Rinderbetäubungsfalle investiert hatten. Ihnen war das Tierwohl schon immer wichtig.

Doch jetzt kam der absolute Tiefpunkt, den Sie sich so nie hätten vorstellen können. Die Stadt lud Sie gegen Ende Juli zu einem Treffen ein. Gerüchteweise hatten Sie davon gehört, dass man eventuell plane, Ihnen unter fadenscheinigen Vorwänden fristlos den Vertrag zu kündigen. Nach Ihren bisherigen Erfahrungen konnten Sie leider nicht ausschließen, dass dieses Gerücht auf Tatsachen beruhte. Sie baten deswegen vor dem Treffen um die Übermittlung einer Tagesordnung, worum es denn gehen solle. Eine Antwort haben Sie nie erhalten und deswegen hatten Sie diesen merkwürdigen Termin abgesagt. Es folgte keine Reaktion von Seiten der Stadt.

Um so größer war die unangenehme Überraschung, als eine Redakteurin des Tagblattes Wochen später bei Ihnen anrief und Sie fragte, was Sie denn zu der fristgerechten Kündigung Ihres Pachtvertrags sagen würden und von dem Angebot der Stadt halten, den Pachtvertrag für ein Jahr zu verlängern bei gleichzeitig einer dreimal so hohen Pachtsumme? Am Donnerstag erfährt die Presse davon und am Samstag erhalten Sie das Kündigungsschreiben!

Nun zu Ihnen liebe Leserinnen und Leser:

Wie geht es Ihnen mit dieser unglaublichen Geschichte, die man eher in einer miesen Schmierenkomödie und nicht in einem modernen Gemeinwesen erwarten würde?

Hätten Sie anstelle des Betreibers nicht langsam die Nase endgültig voll? Wie können Sie mit einer kurzfristigen Pachtzeit und völlig unbegründeter dreifacher Pachterhöhung überhaupt noch den Betrieb fortführen? Höhere Investitionen – und Sie sind da schon in erhebliche Vorleistung gegangen - lassen sich verantwortlich nur realisieren bei einer Pachtzeit von mindestens 15 Jahren.

Hätten Sie nicht selbstverständlich angenommen, dass man als Erstes den Bescheid des Landratsamtes zur Genehmigungssituation und dann den Bürgerentscheid abwartet bevor man dann gemeinsam über die weitere zukünftige Planung gesprochen hätte?

Dieses „Angebot“ der Stadt ist kein Angebot sondern der brutale Versuch über das Herausdrängen des Betreibers Tatsachen zu schaffen. Wenn es keinen Betreiber mehr gibt, wird Herr OB Neher mit allergrößtem Bedauern feststellen müssen, dass es jetzt leider keine Rechtsgrundlage mehr gibt für den kommenden Bürgerentscheid. Eine gesetzlich festgelegte demokratische Form der Bürgerbeteiligung interessiert unseren OB, einen Juristen, nicht im Geringsten. Er will sich nur durchsetzen, koste es demokratiepolitisch was es wolle.