Samstag, den 07.01.2023 ließ sich ein Teil der Gemeinderatsfraktionen wieder einmal von der Stadtspitze instrumentalisieren. Ratsmitglieder verteilten Zettel mit Fragen, die umseitig sogleich „beantwortet“ wurden. Wie zu erwarten war ist der Zweck dieser Fragen und „Antworten“ vor allem die Irreführung der Leser*innen.
Zwei Hauptargumente der Stadt sind mittlerweile gründlich widerlegt: 1. Der Schlachthof ist im Mischgebiet zulässig. 2. Nach Sanierung bleibt die Genehmigung nach Umweltschutzkriterien bestehen. Nun sollen andere Fragen und „Antworten“ die Bürger*innen veranlassen nicht mit JA zu stimmen.
Diese Fragen und „Antworten“ lassen sich bei einigen Punkten rasch beantworten. Andere erfordern die Darstellung des größeren Zusammenhangs.
Was ist regionales Schlachten?
Hier lesen wir, dass der Arbeitskreis Schlachthof als Kriterium 50 Km Lieferradius festlegte. Darum sagen sie: „Beim Schlachthof in Gärtringen handelt es sich um einen regionalen Schlachthof.“ Dazu sollte man wissen, dass Gärtringen sich um Zulieferungen aus den Landkreisen Calw, Freudenstadt, Ludwigsburg, Balingen und Reutlingen bemüht und ein relevanter Teil der Rinder aus Frankreich kommt. Nach Rottenburger Kriterien ist Gärtringen also nicht regional.
Was ist Tierwohl?
Der gemeinderätliche Satz: „Das Tierwohl beginnt nicht erst beim Schlachten…“ ist in Kombination mit den zitierten Förderrichtlinien ein Beispiel für bewusste Irreführung. Die zitierten Förderrichtlinien schreiben hohe Standards vor für die Ruhe- und Übernachtungsställe neuer Schlachthöfe, die Subventionen wollen. Da Tiere Hitze und lange laute Transporte nicht gut vertragen, wird die Fleischqualität schlechter. Da soll eine längere Pause mit Futter und Tränken Abhilfe schaffen.
Wir brauchen das hier nicht. In Rottenburg werden die Tiere von den Tierhaltern zwischen 5.30 -10.00 Uhr angeliefert und sofort betäubt. Sie haben keinen Stress durch Hitze, Lärm, lange Wege und fremde Menschen erlebt, wenn sie zur Betäubung geführt werden. Die Räte haben durchaus recht – aber genau andersherum als sie argumentieren.
„Rottenburg entspricht den umwelt- und veterinärrechtlichen Mindestanforderungen.“ dient genauso der Irreführung. Rottenburg übererfüllt alle vorgeschriebenen Standards. Sonst hätte unser Schlachthof nicht bereits die Biozertifizierung, die Gärtringen erst noch erwerben muss. Eine höhere unabhängige Qualifizierung des Schlachtbetriebs ist nicht möglich.
Zwei der Fragen muss man im Zusammenhang sehen und eine dritte neue hinzufügen.
Ist es die Aufgabe der Stadt, einen Schlachthof zu unterhalten?
Die fehlende Frage: Was will die Stadt mit dem Schlachthofareal?
Finanzierung – wer soll das bezahlen?
Zu 1: Es gibt drei unterschiedliche Aufgabenebenen. Das Erste sind die Pflichtaufgaben wie die Vorhaltung von Kitas und Schulen.
Das Zweite sind andere allgemeine Verpflichtungen, die nichts mit den Pflichtaufgaben zu tun haben wie der Denkmalschutz, Gewässer- und Biotopschutz. Hier trägt ein Kommune eine deutlich höhere rechtliche Verantwortung für die Erfüllung dieser Aufgaben als Privatleute.
Das Dritte sind freiwillige Aufgaben wie die WTG, der Unterhalt der VHS etc. oder der Umbau des Schänzle.
Die Stadt unterhält keinen Schlachthof sondern ist nur Vermieterin der Liegenschaft. „Hier handelt es sich um ein privates Unternehmen.“ Jeder Mieter und jeder Pächter darf erwarten, dass der Vermieter die Mietsache instand hält. Wenn er dies jahrzehntelang nicht tut, dann kann er die Versäumnisse nicht auf einmal dem Mieter auflasten. Die Sanierung hätte schon bei den früheren Pächtern erfolgen müssen - wobei unser OB der Auffassung ist, über den Vorschriften zum Denkmalschutz zu stehen. Inzwischen ist sogar die Verkehrssicherungspflicht nicht mehr erfüllt. Darum sehen wir heute die Netze an der Fassade. Da ist ein Stück einer Steinkugel runtergefallen.
Zu 2: Wir werden immer wieder gefragt, was die Stadt denn mit dem Schlachthof vorhabe? In der am 3.7. veröffentlichten Presseerklärung der Stadt heißt es, sie habe keine konkrete Planung zum Areal um den Schlachthof einschließlich des Bürgerwachheims. Private Investoren könnten sich immer Gedanken über potentielle Projekte machen. Im Umkehrschluss kann man davon ausgehen, dass eine Gesamtverwertung des ganzen Areals angedacht ist.
Bei einer offenen und kreativen Planung gäbe es viele Möglichkeiten, das ganze Areal einschließlich der denkmalgeschützten Areale gemeinsam weiterzuentwickeln. Je nach Planung stellen sich die anteiligen Kosten völlig unterschiedlich dar. Schon die bisher genannten Summen variieren beträchtlich. Bisher gilt: Die Kosten für die durch nicht durchgeführten Instandhaltungsmaßnahmen und dadurch erlittenen Folgeschäden fallen unabhängig von der weiteren Nutzung an. Auch das mehr oder weniger Verschenken des Gebäudes oder das Verramschen zusammen mit lukrativeren Immobilien an einen Investor stellen eine Geldausgabe dar. Ein Investor will Geld verdienen.
Zu 3: Wer fragt, wer die Sanierung denn bezahlen solle, muss eigentlich wissen, dass primär die Stadt bei der Erhaltung des Baudenkmals in der Pflicht steht. Über die höchst unterschiedlichen und wenig belastbaren Zahlen zu den Sanierungskosten haben wir schon gesprochen. Bitte lesen Sie diesen Punkt auch in der Wahlbroschüre oder hier auf der Homepage nach.
Unredlich ist es auch ALLE Sanierungskosten dem Schlachthofbetrieb zuzurechnen, obwohl nach unserer Planung 43% der Flächen für andere Nutzungen frei würden. Schon jetzt haben wir zwei Wohnungen und leerstehende Gebäudeteile auf dem Areal.
Richtig ist, dass in den Schlachtbetrieb selbst investiert werden muss. Dies hat in der Vergangenheit der Betreiber getan und er wird es auch künftig tun. Voraussetzung für größere Investitionen ist allerdings eine langfristige Planungssicherheit über etwa 15 Jahre. Das macht die Stadt aktuell durch einen einjährigen Pachtvertrag unmöglich. Bisher ging der Betreiber sogar in kostspielige Vorleistung und erfüllte alle neu geänderten Bestimmungen. Die von den Räten genannten 1,3 Millionen für die Inneneinrichtung ist auf jeden Fall zu hoch angesetzt, weil ja keine Übernachtungsställe mehr gebraucht werden. In Gärtringen ist das der größte Kostenfaktor in Millionenhöhe. Auch die Fördermittel sind von dieser Summe nicht abgezogen.
Ist der Schlachthof Rottenburg zukunftsfähig?
Bei dieser Frage wiederholen die beteiligten Fraktionen, dass die Finanzierung nicht geklärt sei. Diese Aussage ist und bleibt unsinnig, wenn man sich über die Gesamtsituation in keiner Weise im Klaren ist.
Die angesprochene Verzehnfachung der Pacht geht davon aus, dass dem Pächter alle Kosten aufgebürdet werden. Diese Haltung wäre im höchsten Maße unredlich und zielt nur darauf ab den Fortbestand des Schlachthofs unmöglich zu machen.
Zuletzt wird noch moniert, dass die Kapazitäten schon ausgeschöpft seien und die BI trotzdem einen kleineren Schlachthof plane. Auch dieser Vorwurf geht an der Wirklichkeit vorbei. In den Gebäuden des Areals könnte ohne weiteres ein Schlachtumfang von mehr als 50 Tonnen/Woche realisiert werden. Da die Bestandsgenehmigung nur 27 Tonnen/Woche vorsieht und die technischen Abläufe ganz andere sind als im letzten Jahrhundert genügt dem Schlachtbetrieb ein geringerer Anteil der Gebäude. Dennoch sind auch heute noch 10% Kapazitätspuffer eingeplant.
Der kleine, flexible, mit zahlreichen Zertifikaten und seit 1904 praktisch ununterbrochen im Betrieb befindliche Schlachthof hält sich bei seit Jahren in der Region sinkenden Schlachtzahlen stabil und ist zukunftsfähig. Die Argumentation der Stadt ist widersprüchlich. Eigentlich behauptete sie stets, dass ein kleiner Rottenburger Schlachthof gegen eine Konkurrenz z.B. in Gärtringen nicht bestehen könne, jetzt wirft man ihm eine zu große Auslastung vor. Seit über 2 Jahren ist der Rottenburger Schlachthof Ausweichschlachthof für einige Kunden, die in Gärtringen geschlachtet hatten.